Meine Kindheit war nicht gerade leicht gewesen, stand ich stets im Schatten meiner vier älteren Brüder welche mein Vater schon von Geburt an mehr Beachtung als mir selbst schenkte. Als einzige Tochter des Hauses war meine Erziehung von traditioneller Rollenverteilung und strenger Etiquette geprägt. Ich lernte Kochen, Backen, den Haushalt und die Pflichten einer Ehefrau und Mutter bis zur Perfektion. Deshalb ist es auch nicht wirklich verwunderlich dass nach einiger Zeit mein Vater eine passende Partie für mich gefunden hatte. Die Ehe zu meinem Ehemann, einem Contemptio, war arrangiert und definitiv nicht aus Liebe geschlossen worden. Ich habe mich damit abgefunden, denn so wurde es mir stets eingetrichtert. Meine Familie hat sich über die Jahre zum grössten Teil ins Ausland abgesetzt, was ich irgendwie schwer bedauere. Meine Brüder und ich hatten zwar nie eine starke Bindung zueinander, doch sie waren dennoch meine Familie. Ich bin mit ihnen aufgewachsen, wir haben gemeinsam Geschichten erlebt. Sowohl gute, wie auch schlechte. Da ich von leichter Depression geplagt bin und mein Leben wie eine Art Gefängnis wahrnehme, ist es schwer Kontakt zu meinen Brüdern aufrecht zu erhalten. Doch wenn es Familienfeiern zulassen, dann bin ich die erste die leckeren Kuchen serviert und für ein harmonisches Fest sorgt. Dass meine Brüder selbst kein wirklich perfektes Leben leben, weiss ich noch gar nicht.

Der Erstgeborene, der Erbe. So könnte man dich ebenfalls ankündigen. Du bist als ältester mit einem besonderen Status in der Familie gesegnet und geniesst gewisse Sonderrechte die nicht einmal deine Brüder kosten dürfen. Dein Vater hat dir alles beigebracht, was du wissen musstest. Obwohl du nicht genau in die gleichen Fussstapfen wie er getreten bist, sondern dich lieber für das internationale magische Handelsstandardausschuss interessiert hast, so bleibt eure enge Bindung weiterhin bestehen. Dein Vater erhofft sich grosses von dir, was auch eine sehr grosse Last auf deinen Schultern trägt. Im Gegensatz zu deinen Brüdern bist du in Grossbritannien geblieben und hast dich hier Sesshaft gemacht. Obwohl dein Vater dich immer wieder belehrt wie wichtig es für das Ansehen war eine Frau zu ehelichen, so hast du noch nicht den passenden Deckel zu deinem Topf gefunden. Der immense Familiäre Druck deiner Eltern lastet zu schwer um sich selbst auf eine Beziehung zu stürtzen. Das hält dich aber nicht davon ab ein gewisses Mitspracherecht bei deiner kleinen Schwester und ihrem Ehemann gehabt zu haben. Für deine Verhältnisse hätte Serena schon viel, viel früher unter die Haube gemusst, und es war die fast schon Peinlich einem noblen Herren so eine alte Jungfer zur Verfügung zu stellen. Die Heuchlerei ist hier deutlich spürbar, doch du lässt dir von niemanden etwas sagen. Sobald dein Vater stirbt, bist du der Mann des Herrenhauses der Selwyns und hast Verantwortung zu tragen. Die reine Blutlinie ist das wichtigste Gut und muss um jeden Preis geschützt werden. Doch wenn du nachts alleine im Bett liegst, dann kommst du nicht drum herum dir Gedanken zu machen wie es wäre doch eine Frau neben dir liegen zu haben.

Als zweitgeborener in der Familie bist du zwar der zweite in der Erbschaft, allerdings interessiert dich das überhaupt nicht. Es könnte dir nicht gleichgültiger sein, was deinem Vater sehr zusetzt. Auch dich wollte er, so wie deinen Bruder Gabriel, unter die Fittiche nehmen und mehr über die Familie, den Stammbaum und die Geschäfter aufklären, doch das alles war dir zu Langweilig. Du wolltest lieber dein Studium beenden und so schnell wie möglich raus aus diesem Land. Schnell hast du deine Heimat in Belgien gefunden und dort ein eigenes Herrenhaus aufgebaut. Das geschah zeitgleich mit deiner Hochzeit, welche kurz nach deiner Ankunft in Belgien bereits stattfand. Du hattest ihre wunderschöne Augen gesehen, und dich sofort verliebt. Mittlerweile habt ihr schon zwei Kinder und habt ein eigenes kleines Selwyn-Imperium in einer wunderschönen Vorstadt errichtet. Dein Vater ist beeindruckt - wenn er denn mal zu Besuch kommt - und trotz all der Eskapaden stolz auf dich. Was er allerdings nicht weiss, ist dass du dir das alles nicht einfach so erbaut hast. Dein Glück kam nicht von irgendwo her und du hast kurz nach deiner Ehe festgestellt dass deine Frau nicht die war, für die du sie gehalten hast. Eure Ehe wurde von Liebenden zu Fremden umformatiert und du hasst jede Sekunde davon. Eigentlich bist du ein recht entspannter Mann, allerdings hast du bei der Enthüllung ihres wahren Ichs schon darüber nachgedacht sie ausversehen eine Treppe runter zu stossen. Was genau vorgefallen ist und welches Geheimnis deine Frau hegte, das weisst nur du und sonst keiner. Klar ist aber: du selbst hast dich mittlerweile in Dreck eingemischt, welches dich eigentlich nichts anging. Und um deine Kinder zu schützen willst du wieder zurück nach Grossbritannien in das Herrenhaus deines Vaters. Die Umzugspläne stehen, die Koffer sind gepackt, aber ob so eine Flucht wirklich ausreicht um den Gespenstern der Vergangenheit zu entkommen?

Als Drittgeborenen darfst du dir keine grossen Hoffnungen machen bezüglich deines Erbes. Obwohl dich das ganz schön Bitter stimmt, so hast du eigentlich keinen Grund dich zu beschweren. Dein Leben könnte nicht besser laufen. Du bist Anwalt und hast dich mit deiner Frau, welche du in London kennenlerntest, in deiner ursprünglichen Familienheimat - den Niederlande - zurück gezogen. Das ehemalige Familienanwesen der Selwyns wurde von dir komplett saniert und erstrahlt im neuen Glanz. Stolz auf dein Leben und deinen ersten, und einzigen, Sohn arbeitest du im engen Kontakt mit deinem Vater an den Geschäften zwischen der Niederlande und Grossbritannien. Grosses Interesse an deiner kleinen Schwester hattest du nie, jedoch hast du nach der Hochzeit mit deiner Frau eingesehen dass Serena manchmal doch strenger behandelt wurde, als es vielleicht lieb gewesen wäre. Ihr beide habt von allen Geschwistern wohl das engste Band zueinander, was aber nicht wirklich viel Bedeutet. Immerhin wohnst du einige Landesgrenzen weiter weg. Als beim letzten Familientreffen dein Bruder Benedikt verkündet hatte sich um einen Umzug zurück ins Familiäre Anwesen zu kümmern wurdest du Hellhörig. Irgendwas konnte da nicht stimmen, das entsprach nicht seiner Art. Doch du hast deinen Mund gehalten und deine Gedanken für dich behalten. Nach langer Bedenkzeit hast du deiner Frau gestanden es Benedikt gleich tun zu wollen, du wolltest herausfinden was da vor sich ging und dahinter steckte. Sie selbst war davon nicht begeistert, weshalb du vorerst ohne Frau und Kind nach Grossbritannien zurückkehrst. Die Ehe scheint nicht gerade rosig zu verlaufen, doch du hast ihr versichert dass es nur für eine Weile wäre. Aber wem machst du eigentlich etwas vor? Du weisst genau dass das eine Lüge war. So schön die Niederlande auch war, sie war nichts im Vergleich zu deiner Familie in England.

Die jüngsten sind immer die wildesten, so sagt man das doch stets, richtig? Zumindest passt diese Beschreibung auf dich wie die Faust aufs Auge. Du konntest noch nie Still sitzen und hast dir jede Gelegenheit geschnappt um die Sau rauszulassen. Dein Vater hatte dir schon früh den Geldhahn zugedreht und erlaubt dich lediglich an Familienfesten, weil seine Frau ausdrücklich darum bittet. Du bist das schwarze Schaf der Familie, aber geniesst dennoch mehr Ansehen als deine Schwester. Du bist halt eben ein Mann. Und du weisst das auch und geniesst es in vollsten Zügen. Jede reinblüterin welche nicht bei drei auf den Bäumen ist, wird von dir vernascht. Du klaust den Männern gute Jungfern für eine gute Ehe, weshalb du dir auch über die jungen Jahre einige Feinde gemacht hast. Wütende Väter welche dir den Teufel wünschten weil du ihre Töchter verdorben hast. Du hast aufgehört zu zählen wieviele Väter eine Zwangsehe von dir verlangen, nur damit die Ehre der Tochter bestehen bleiben konnte. Du hast jedesmal den alten Männern ins Gesicht gelacht und dich zur nächsten Frau begeben. Wenn dir langweilig wurde, dann hast du auch ab und zu die Mütter der Frauen genommen. Das Leben ist für dich ein Spiel und du bist auf der Gewinnerseite. Doch jedes Spiel hat irgendwann sein Ende. Als deine Brüder sich ins Ausland begaben hast du zugesehen und eine Art leere in dir gespürt. Wo war der Spass an all dem, wenn du niemanden hattest mit dem du drüber lachen konntest? Spätestens als dein Vater dir den Geldhahn zudrehte hast du deine Koffer gepackt und bist Blindlings zu deinem Bruder Benedikt nach Belgien gereist. Wärend du dich dort durch schnorrst, merkst du wie die Ehe der beiden langsam brüchelt. Es könnte dir nicht gleichgültiger sein. Allerdings geniesst du die Spannung der beiden, denn endlich gab es ein wenig Action in deinem Leben. Um dem ganzen die Krone aufzusetzen hattest du ein kleines Techtelmechtel mit deiner Schwägerin. Dies ist dein kleines Geheimnis, denn dein Bruder würde dich wahrscheinlich umbringen, wenn er davon erfahren würde. Notgedrungen befindest du dich jetzt wieder in England, denn ohne Geld von Papi und dem unbemannten Anwesen deines Bruders gibt es keinen Plan B für dich. Du hasst im Gegensatz zu deinen Brüdern jede Minute hier und möchtest eigentlich wieder weg, doch erst einmal musst du irgendwo Geld her kriegen. Klar, du bist Auror und kommst rum. Aber das reicht nicht für deine Lebensverhältnisse. Du willst einfach immer mehr. Und du würdest dafür sogar deinen Auror-Kodex missachten.